30:28, knapper Endstand nach einem spannenden und abwechslungsreichen Lokalderby mit entsprechenden und wechselweisen Spielständen über 60 Minuten. Genau das war das Aufeinandertreffer der beiden nordostoberfränkischen Oberligisten diesmal ganz und gar nicht.

Die Zielsetzungen waren von Beginn an klar abgesteckt. Beide wollten mit einem Erfolg den Blick nach oben in der Tabelle aufrecht halten. Die Gastgeber ihre Derbyserie ausbauen und die Gäste endlich den Derbyfluch beseitigen, mit dem sie in den zurückliegenden Jahren ausnahmslos als zweiter Sieger die Halle verlassen mussten.

Doch wer sich die Torfolge von Beginn an noch einmal ins Gedächtnis zurückruft der muss feststellen, dass vom Anpfiff weg nur die Hausherren an ihrer Zielvorgabe arbeiteten. Gestützt auf einen hervorragenden 6:0-Deckungsverbund mit einem überragenden Torhüter Lukas Hurt wurde die HSV schnell in ihre Schranken verwiesen.

Julian Merz mit zwei herrlichen Toren von der Linksaußenposition sowie ein sicher verwandelter Strafwurf durch Christoph Bär zeichneten sich für das 3:0 verantwortlich. Das musste nach 5 Minuten noch nicht viel heißen, zumal die HSV durch Tadej Matijasic und Martin Nový schnell den Anschluss schaffte. In der Summe war es eine durchwachsene Anfangsphase, die auf beiden Seiten von etlichen Fehlwürfen und einigen technischen Fehlern begleitet wurde.

Richtig Pfeffer kam in die Partie zwischen der 11. und 22. Minute. Die Gäste wurden von der sattelfesten Abwehr der Hausherren zu jeder Minute des Geschehens kontrolliert. Den HSV-Rückraumaktionen fehlte die Durchschlagskraft. Es war mehr oder weniger ein Paßspiel ohne den Drang zum gegnerischen Gehäuse. Die Würfe aus der zweiten Reihe landeten neben und über dem Kasten oder wurde eine Beute von Lukas Hurt.

Auf der anderen Seite fanden die SG-Angreifer eine Gästeabwehr vor sich, die eigentlich nur auf dem Papier stand. Erst einmal Lunte gerochen fingen die Frankenwäldler an mit dem Gast zu spielen. Der wiederum fand einfach keine Mittel um den variantenreichen und durchschlagskräftigen Angriff der Gastgeber zu stoppen.

Die SG traf nach Belieben und dies von allen Positionen. Die Seiferth-Schützlingen waren so nicht auszurechnen und die machten sich Gästeschwachstellen immer mehr zu Nutze. Richard Krestan im HSV-Gehäuse wurde von seinen Vorderleuten regelrecht im Stich gelassen. Fortan bis zum Seitenwechsel brannte die SG ein wahres Handballfeuerwerk ab. Gestützt auf einen alles überragenden Lukas Hurt, der mit mehreren Monsterparaden glänzte und einige 110 %ige zunichte machte, spielte sich die Spielgemeinschaft aus Helmbrechts und Münchberg in einen Rausch.

Dieser endetet nach 14:4 Zwischenstand in der 22. Minute in einer deklassierenden 17:7 Pausenführung, die so zu einem bisherigen Derby-Alleinstellungsmerkmal avancierte.

Auf den bestens besuchten Rängen verwunderte Gesichter. Im Gästelager, weil man mit so einer desolaten Vorstellung nicht rechnen konnte. Bei den Heimfans, die ja in dieser Saison schon mehrmals Zeuge deutlicher Führungen wurden aber bis dato noch keiner ähnlichen spielerischen Glanzvorstellung beiwohnten. Kurze Zusammenfassung der ersten 30 Minuten. Auf der einen Seite lief alles, auf der anderen gar nichts.

Doch schon nach wenigen Minuten im zweiten Abschnitt wurde erkennbar, dass es in dieser Art und Weise nicht weitergehen wird. Die HSV Hochfranken war jetzt auf Schadensbegrenzung aus und appellierte an ihren sportlichen Ehrgeiz. Die Torfolge wurde ausgeglichener gestaltet und spielerisch entwickelte sich eine Begegnung auf Augenhöhe.

Wenns schon in Halbzeit eins nichts lief, dann wollte die HSV von ihrem Anhang sich zumindest mit Charakter aus dieser Partie verabschieden. Das gelang von Minuten zu Minute besser. Nachdem dann die Gäste ihr Abwehrsystem offener gestaltet und auf 3-2-1-Deckung umstellten bekamen die Gastgeber Sand ins Getriebe. Immerhin waren bis dahin schon 47 Minuten absolviert und das Scheiben schießen fand beim 27:15 für die SG ein jähes Ende.

Die Mannen um Jonas Roßner fanden plötzlich keine Mittel mehr und zudem ihren Meister im jungen Gästekeeper Frederik Sümmerer. Er zog mit insgesamt 11 Paraden nicht nur den SG-Angreifern den Zahn, sondern stach seinen zwischenzeitlich eingewechselten Kollegen Felix Behrens klar aus. Die HSV traf und dort besonders Julius Meinel, der innerhalb von nur acht Minuten sechsmal einnetzte.

So wurde aus einer beruhigenden 12-Tore-Führung und einem 9:0-Lauf der Spieler aus Rehau, Schönwald und Selb ein 27:24. Während starker Gästeanhang plötzlich zu träumen anfing, verstanden die Fans im SG-Lager die Handballwelt nicht mehr. Sie sind es ja aus dieser Spielzeit schon gewöhnt, dass ihre Mannschaft mit deutlichen Führungen in der Folge oft allzu lasch umgeht und so dem Gegner immer wieder die Möglichkeiten bietet um aufzuschließen.

Aber in solch krasser Form wie es in dieser Partie passierte – das kannte man dann doch noch nicht. Letztlich war es gut, dass Lukas Hurt wieder zwischen die Pfosten zurückkehrte. Noch besser war es für die SG, dass die Schlusssirene der HSV-Aufholjagd ein Ende setzte. Wer weiß wie dieses Derby bei noch weiteren wenigen Minuten Spielzeit ausgegangen wäre. Die Gäste hatten einen Lauf und die Hausherren den Faden total verloren.

Verhaltene Freude über den knappen Heimerfolg im SG-Lager. Auch deshalb, weil die Galavorstellung aus der ersten Halbzeit nicht mehr in den Vordergrund trat. Ein bisschen Zufriedenheit im Gästelager, weil die Mannschaft im zweiten Abschnitt und dort besonders in der Schlussviertelstunde doch gezeigt hat, was sie zu leisten im Stande wäre. Trotzdem überwog die Enttäuschung, die Begegnung bereits nach dreißig Minuten abgeschenkt zu haben und das mit einem schwachen Gesamtauftritt bis zum Pausenpfiff.

So steht die HSV nach vier Partien mit 4:4 Punkten im Mittelfeld und weiß im Moment noch nicht so recht, wie diese Momentaufnahme wirklich einzuordnen ist. Die SG steht mit 7:1 Zählern auf Rang zwei, arbeitet aber weiterhin an der Beseitigung der Fehlerstellen, die in allen vier Begegnungen hie und da aufgetreten sind.

Der Tabellenstand ist aus HSV-Sicht dennoch als zufriedenstellend anzusehen. Vor allem in Anbetracht der bisherigen Gegner. Die SG hat die dicken Brocken noch vor sich und darf sich deshalb erst einmal über ein Punktepolster freuen. Freilich bekommen die Seiferth-Schützlinge am kommenden Sonntag ab 16:30 Uhr in der Auerbacher Helmut-Ott-Halle mit der SG Auerbach/Pegnitz den nächsten Brocken vorgesetzt, der dann alles daran setzen wird, um der SG die erste Saisonniederlage beizubringen.

Das gelang der HSV Hochfranken trotz toller Aufholjagd nicht, die so weiterhin dem Derbyfluch hinterher laufen muss. Wiedergutmachung können die Wiedel-Schützlinge am kommenden Samstag ab 17:00 Uhr im Rehauer Sportzentrum gegen den TV Marktsteft betreiben und dann bei einem Erfolg ihr Punktekonto wieder in den Habenbereich bringen.

 

Co-Trainer Radek Najmann (HSV), der den erkrankten Daniel Wiedel vertrat:
„Wir waren von Beginn an nicht mit dem Kopf beim Spiel. Angriff ohne Bewegung, zudem 11 Fehlwürfe von Außen in der ersten Hälfte. Kraft hat auch die viermalige Unterzahl gekostet. Torhüter Richard Krestan blieb mit nur drei gehaltenen Bällen weit unter seinen Möglichkeiten.“

„Im zweiten Abschnitt haben wir nach 10-Tore-Rückstand die Abwehr auf 3-2-1 umgestellt und sind damit besser ins Spiel gekommen. Zudem hat der zwischenzeitlich eingewechselte Torhüter Frederik Sümmerer mit einer fantastischen Leistung der Mannschaft entscheidenden Rückhalt gegeben. Die letzten sehr guten 15 Minuten konnten die schwache Leistung zuvor trotzdem nicht mehr wett machen.“

Torhüter Frederik Sümmerer (HSV) der in der zweiten Halbzeit zum großen Rückhalt wurde:
„7:17 zur Pause hinten – eine Vollkatastrophe, deren Entwicklung sich in etwa schon nach 15 Minuten beim 3:7-Rückstand abzeichnete. Die Abwehr zu statisch, zu wenig verschoben und dadurch den SG-Angriff nie unter Kontrolle gebracht. Erst beim 15:27-Rückstand hat sich die Mannschafft langsam aufgerafft und begonnen Handball zu spielen.“

„Es folgten 10 Minuten ohne Gegentreffer und wir müssen uns fragen, warum wir erst nach 48 Minuten den Derbyeinstieg schafften. Erst in der Schlussviertelstunde konnten wir unser eigentliches Leistungsvermögen abrufen und hätten in dieser Phase noch ein paar Minuten Spielzeit gebraucht, um eventuell am Ende doch noch etwas Zählbares mitzunehmen.“

SG-Trainer Christian Seiferth:
„Derby-Sieger! Nichts anderes zählt. Über das Wie werden wir intern sprechen.“
„4 Spiele, keine Niederlage, dass zählt für den Moment und jetzt müssen wir schauen diesen Flow in die kommenden Spiele zu übertragen – gegen Mannschaften, die es uns über 60 Minuten wahrscheinlich schwerer machen wollen.“

SG-Linksaußen Julian Merz, der als 6-facher Torschütze überzeugte:
Eine nahezu perfekte erste Halbzeit war die Grundlage für die Punkte 6 und 7 und ein Ausbau unserer Derbysiegserie gegen Hochfranken

SG Helmbrechts/Münchberg – HSV Hochfranken 30:28 (17:7)

SG Helmbrechts/Münchberg: Hurt, Behrens – Opel, S. Pritschet (3), Zach (8), Schrepfer, Bär (4/4), Pöhlmann (3), Mares, Merz (6), Ja. Roßner (1), Gmach(1), Troßmann (1), Jo. Roßner (1), J. Pritschet (2).

HSV Hochfranken: Krestan, Sümmerer, Brosko – Dietel (1), Nový (2), Baumann (1), Mocker (4), Danielka, Meinel (6), Pasek (1), Wolf, Hartmann (1), Herkt (8), Matijasic (4).

Schiedsrichter: Drummer (Forchheim) / Langner (Weitramsdorf) hatten das faire Derby jederzeit im Griff – Zuschauer: 500. – Zeitstrafen: 2; 6. – Siebenmeter: 4/4: 5/4.